Es war die Meldung der vergangenen Wochen: Der Leipziger Christian Kramer startet beim kleinen Jubiläum des ICAN Nordhausen und kündigt Vorjahressieger Simon Schwarz (München) den Kampf an. Mit dem Sachsen kommt ein alter Bekannter, denn insgesamt gewann er bereits fünfmal den Wettkampf unter dem Label des Scheunenhof-Triathlons. Kramer zählt zur absoluten Weltspitze im Triathlon und wird nach seinem zweiten Platz beim Ironman Austria 2014 in 7:54:31 Stunden in der Bestenliste deutscher Triathleten auf der Langdistanz auf Platz acht geführt. „Natürlich starte ich in Nordhausen um wieder zu gewinnen. Ich freue mich sehr auf meine Rückkehr in den Südharz“, erklärt der in der Rolandstadt noch ungeschlagene Kramer.
Wenn Christian Kramer auf den bisherigen Saisonverlauf zurückblickt, tut er das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Eigentlich wäre er, wie viele seiner Profi-Kollegen auch, gerne zum sechsten Mal in seiner Karriere beim legendären Ironman Hawaii, der Weltmeisterschaft über die Langdistanz, gestartet. In Südafrika erwischte der 33-Jährige Anfang April allerdings einen unglücklichen Tag, hatte im Marathon mit Oberschenkelproblemen zu kämpfen und musste auf der Laufstrecke aufgeben. „Es war schon vorher klar, dass ich nur auf Hawaii starte, wenn ich mich nicht wieder auf den letzte Drücker dafür qualifiziere und es eine solche Ochsentour wird. Daher habe ich nach Südafrika auch keinen neuen Anlauf in diesem Jahr genommen“, so Kramer. Losgelöst vom Druck die Hawaii-Quali schaffen zu müssen, nutzte der Athlet des TriTeamMitteldeutschland die Gunst der Stunde, um durch einige neue Herausforderungen zurück zu alter Stärke zu finden.
Den Anfang machte ein starker zweiter Platz beim VentouxMan über die Mitteldistanz im Juni, gefolgt vom Sieg beim Olympischen Triathlon in Dresden, wo Kramer unter anderem Marcus Herbst, Per Bittner und Christian Otto bezwang. Das i-Tüpfelchen setzte er durch seinen ersten Platz beim Triathlon hinauf auf den legendären Tour-Berg Alpe d’Huez über 2,2 Kilometer Schwimmen, 118 Kilometer Radfahren und 20 Kilometer zu Fuß. „Nach einer schwierigeren Zeit in den letzten beiden Jahren, wo mir etwas die Ausreißer nach oben fehlten, geben mir die letzten Ergebnisse wieder Selbstvertrauen. Das Training lief die ganze Zeit über gut, wir haben viel Aufwand betrieben, nur konnte ich es oftmals nicht im Wettkampf umsetzen und zeigen, wie ich es eigentlich wollte“, zeigt sich Kramer glücklich, als erster Deutscher überhaupt den Triathlon Alpe d’Huez gewonnen zu haben.
Ähnlich erfolgreich soll es auch in den kommenden Rennen weitergehen, wobei der zweifache Vater durchaus von seinen angeeigneten Kletterfähigkeiten profitieren kann. In Nordhausen wartet eine anspruchsvolle Laufstrecke auf ihn, bevor drei Wochen später beim Ironman Wales ein ebenfalls mit zahlreichen Höhenmetern gespicktes Profil auf ihn zukommt. In Wales möchte der erfolgreichste Triathlet aus dem mitteldeutschen Raum direkt erste Punkte für die Hawaii-Quali 2018 sammeln. Obwohl es in diesem Jahr nicht mit einem Start auf Kailua-Kona klappt, hat Kramer längst nicht damit abgeschlossen: „Nachdem ich 2013 als 14. das Ziel erreichte, möchte ich auf jeden Fall noch mal in die Top Ten. Selbst mit einem guten Rennen auf Hawaii kann man nur einer von vielen sein. Leider stehen oftmals nur die Erstplatzierten im Fokus – mit Hawaii steht und fällt vieles, z. B. was die Sponsorenfrage angeht.“ Dafür soll es in Wales möglichst ähnlich gut laufen wie in Alpe d’Huez. Nachdem er bereits 2012 dort startete, Dritter wurde und die Gegebenheiten vor Ort kennt, möchte er die Platzierung nun möglichst verbessern.
Für den erneuten Hawaii-Qualifikationszyklus stellt der ICAN in Nordhausen die optimale Vorbereitung dar. Zwar benötigte Kramer auf den Weg hinauf nach Alpe d’Huez sechs Stunden, ist aber bereits wieder in das Training eingestiegen. „Das Grundgefühl ist gut. Was einen beim Ironman immer kaputt macht, ist der Marathon am Ende. Das war es diesmal glücklicherweise nicht“, erklärt der gebürtige Merseburger. In den Südharz reist Christian Kramer mit einem positiven Gefühl und guten Erinnerungen, denn von 2008 bis 2012 war er der Dominator des Scheunenhof-Triathlons, den er insgesamt fünfmal gewann. „Leider hat der ICAN die letzten Jahre nie so richtig in die Planungen gepasst. Ich hatte ihn natürlich aber immer auf dem Schirm, da es ein gut organisierter Wettkampf direkt um die Ecke ist. Nun passt es als Generalprobe vor Wales optimal. Ich bin gespannt auf die neuen Strecken, werde diese im Vorfeld aber auch noch mal besichtigen. Ich freue mich auf die gute Stimmung auf der Laufstrecke und dass, im Vergleich zur alten Strecke beim Radfahren, auch die Vorharzlandschaft integriert wurde.“
Noch ungeschlagen im Südharz möchte der Schützling von Trainer Ben Reszel natürlich auch seine ICAN-Premiere siegreich gestalten. „Ich werde mit Händen und Füßen probieren, meine weiße Weste zu verteidigen“, so Kramer. Respekt hat er trotzdem vor der Leistung von Vorjahressieger Simon Schwarz, auf den er in diesem Jahr trifft: „Ich weiß, dass im letzten Jahr schnell gelaufen wurde. Deshalb will ich nicht das Risiko eingehen und mich auf einen schnellen Lauf verlassen, sondern schon im Schwimmen und Radfahren ein kleines Polster erarbeiten. Es ist nicht meine Wunschvorstellung, gemeinsam mit Simon vom Rad zu steigen, auch wenn es für die Zuschauer sicher spannend wäre.“
Der ICAN Nordhausen feiert am 20. August sein fünfjähriges Jubiläum. Am Tag zuvor werden hunderte Triathletinnen und Triathleten im Rahmen des 15. Scheunenhof-Triathlons über kürzere Distanzen bis hin zum Sprint bereits um Platzierungen und Zeiten kämpfen. Die Anmeldung für beide Wettkampftage ist sowohl unter www.scheunenhof-triathlon.de (Samstag) und www.icantriathlonnordhausen.com (Sonntag) noch möglich.
Johann Reinhardt